
Devastation
„Gigaton“ läuft – ausgestattet mit hohen Erwartungen – am Ende nur als gutes bis sehr gutes Album über die Ziellinie. Damit ist das Ergebnis dennoch zufriedenstellend.
Mit Pearl Jam meldet sich ein Dinosaurier der jüngeren Rockgeschichte auf der Bildfläche zurück. Die Band zählt zu den letzten relevanten Überlebenden der Grunge-Welle, die zu Beginn der 90er Jahre über die Rockwelt schwappte und diese immerhin für fast ein Jahrzehnt beherrschte. Seitdem haben Eddie Vedder (Gesang), Jeff Ament (Bass), Stone Gossard (Gitarre), Mike McCready (Gitarre) und Matt Cameron (Drums) mehr als 85 Millionen Alben verkauft und auch live einen großen Fußabdruck in der Geschichte der Rockmusik hinterlassen. „Gigaton“ ist das elfte Studioalbum in der 30-jährigen Band-Geschichte und der Nachfolger des inzwischen 6½ Jahre alten „Lightning Bolt“-Longplayers (10/2013).
„Gigaton“ sorgte schon im Vorfeld für eine Überraschung, als bekannt wurde, dass anstelle von Brendan O’Brien, der sechs von zehn Pearl-Jam-Alben produzierte, Josh Evans (u.a. Soundgarden, Gary Clark Jr., Thunderpussy, Ace Frehley, Mad Season) an den Reglern sitzen sollte. Das deutete auf frischen Wind hin, der einem eingespielten Team mit festen Strukturen durchaus guttun kann. Die Arbeitsgeschwindigkeit der 90er Jahre haben Pearl Jam dennoch nicht erreicht. Und so zogen sich die Aufnahmen von „Gigaton“ zum Schluss über vier Jahre hinweg, was trotz aller Verpflichtungen wie Live-Auftritte nicht unbedingt auf große Spontanität im Songwritingprozess schließen lässt.
Schön ist auch, dass Mike McCready ein paar epische Soli abfeuern darf, die in knackigen Tracks wie „Take the long way“, „Who ever said“ oder auch „Quick escape“ zu den Highlights zählen. Mit dem Sechsminüter „Seven o'clock“ hat das Quintett zudem einen echten Brocken abgeliefert, der elektronische Klänge mit dem typischen Pearl-Jam-Twist verbindet. Auf diese Weise steuert „Gigaton“ in eine sehr positive Richtung. Doch im letzten Drittel wird es leider etwas zäh. Der Balladenanteil nimmt überhand, wobei akustische Songs wie „Comes then goes“ und „Buckel up“ kaum über den Status „Füllmaterial im Hippie-Folk-Stil“ hinauskommen und sich besser auf einem Eddie-Vedder-Soloalbum gemacht hätten.
Damit läuft „Gigaton“ – ausgestattet mit hohen Erwartungen – am Ende nur als gutes bis sehr gutes Album über die Ziellinie. In Anbetracht der Enttäuschungen, die viele noch aktive Bands aus der Ära des Grunge heutzutage abliefern, muss der Hörer aber trotzdem nicht zurückstecken. So mögen unter den 12 Stücken vielleicht keine neuen Klassiker sein, trotzdem ist das „Gigaton“-Ergebnis – egal ob einzeln oder am Stück genossen – unterm Strich zufriedenstellend.
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