
Let The Bad Times Roll
Das 20. Studioalbum der Kölschrock-Institution erscheint in diesen Krisenzeiten gerade recht.
Mit großen Schritten eilt der am 30. März 1951 geborene Wolfgang Niedecken auf sein 70. Lebensjahr zu und avanciert damit langsam aber sicher zum Methusalem der deutschen Rockmusik. Mit dann 45 Jahren BAP-Historie im Rücken und den meisten Nummer-1-Notierungen in den deutschen Album-Charts auf der Haben-Seite, machte Wolfgang Niedecken aus einer anfangs etwas belächelten Kölsch-Rockband eine Institution, die auch heute noch lebt, selbst wenn sie musikalisch und personell die eine oder andere Metamorphose durchgemacht hat.
So widmete sich der Kölner in den vergangenen Jahren einer ausgeprägten Solo-Akustikphase mit ungewohnten Country- und Folk-Ausflügen inklusive amerikanischer Heldenverehrung, die hinsichtlich der künstlerischen Sozialisierung Niedeckens absolut Sinn ergibt, aber auf lange Sicht nicht der Weisheit letzter Schluss sein konnte. Denn die Fans wünschen sich nach der mindestens dritten personellen Neu-Inkarnation der Band endlich wieder neue Rocksongs anstelle von „nachgespielten“ alten Hits in vielleicht etwas zu entspannten Gewändern. Zeit also für Studioalbum Nummer 20, das im August 2019 in den Castle Studios in Röhrsdorf live eingespielt und später im Hamburger BluHouseStudio finalisiert wurde.
An dieses Gefühl knüpft das lässig und entspannt ins Ohr gehende „Hauptjewinn“ an, so wie auch die Balladen „Wenn am Ende des Tages“, „Für den Rest meines Lebens“ und „Mittlerweile Josephine“, die von Gitarrist Ulrich Rode geschrieben wurde und inhaltlich in eine Liebeserklärung an Niedeckens beide Töchter Joana-Josephine und Isis-Maria umgewandelt wurde und nicht der einzige Song ist, in dem der 69-Jährige zurückblickt. So zitiert „Jenau jesaat: Op Odyssee“ die Anfangstage von BAP, während „Alles zoröck op Ahnfang“ die eigene Vergänglichkeit thematisiert und „Jeisterfahrer“ das heutzutage normal gewordene stromlinienförmige Leben verurteilt.
Wer jetzt ein durch und durch hemdsärmeliges Rockalbum erwartet, hat die Rechnung allerdings ohne Niedecken, de Wolff und Rode gemacht, denn ein paar musikalische Auflockerungen gehörten schließlich schon immer zur BAP-Tradition, die mit kleinen Ausflügen in Reggae- und Ska-Gefilde fortgesetzt wird („Huh die Jläser, huh de Tasse“, „Volle Kraft voraus“, „Jenau jesaat: Op Odyssee). Auf diese Weise gelingt BAP ein rundes und ausbalanciertes Werk, das sämtliche Facetten dieser Band in 70 Minuten Spielzeit bündelt und mit der Weisheit des Alters kombiniert.
Anspieltipps: